Die Liste der positiven Effekte von Gartenarbeit ist lang: Bewegung an der frischen Luft, körperliche Betätigung, viel Zeit im Freien und damit viel Vitamin D, unbelastetes, schmackhaftes Obst und Gemüse, Anblick von Grün beruhigt, die Arbeiten im Garten wiederholen sich täglich und sind daher sehr meditativ. Ich könnte die Liste noch endlos fortsetzen.
Hier in Italien sagt man hingegen sprichwörtlich, der Garten tötet einen Mann. Wo liegt denn nun die Wahrheit? Vermutlich dazwischen? Und hat Gartenarbeit oder Permakultur etwas mit Spiritualität zu tun?
Was unterscheidet Permakultur von herkömmlicher Gartenarbeit?
In der Permakultur wird weitestgehend mit der Natur gearbeitet. Artenvielfalt, Mischkulturen und möglichst wenig menschliche Eingriffe sind kennzeichnend für einen Permakulturgarten.
Das natürliche biologische Gleichgewicht soll aufrecht erhalten werden, indem Wildpflanzen und -tiere größtenteils dort belassen werden. Dabei beschränkt sich Permakultur keinesfalls auf Gartenarbeit. Permakultur ist vielmehr eine Lebensphilosophie, die sich auf alle Lebensbereiche erstreckt. Grundlage für die Permakultur ist die Beziehung aller Lebewesen miteinander, das Verständnis, dass wir alle innerhalb eines Systems miteinander verbunden sind und eine Veränderung an einer Stelle notwendigerweise Auswirkungen überall im System hat. Kurz gesagt steht dahinter eine Philosophie des Arbeitens mit der Natur statt gegen die Natur. Wenn wir die Natur bekämpfen, bekämpfen und zerstören wir letztlich uns selbst.
In der Permakultur als Kreislaufwirtschaft wird alles wiederverwendet. Es gibt keine Abfälle, denn in allem steckt Energie, die an anderer Stelle wieder eingesetzt, also umgewandelt werden kann. Es wird nichts aus dem System entfernt, folglich muss auch nichts von außen zugefügt werden, so stellt sich über Jahre ein Gleichgewicht ein, das System reguliert sich von selbst ohne Eingriffe von außen. Sobald etwas von außen hinzukommt oder weggenommen wird, gerät das System aus dem Gleichgewicht und es entsteht Chaos bis sich ein neues Gleichgewicht einstellen kann.
In einem idealen Permakultursystem besteht eine geschlossene Kreislaufwirtschaft, was bedeutet, das alles im System bleibt, es entstehen also keine Abfälle, und nichts wird von außen dem System zugeführt wird. Das bedeutet eine Selbstversorgung zu 100%. Es ist auch möglich Permakultur ohne komplette Selbstversorgung zu betreiben, je mehr unterschiedliche Arten an Pflanzen und Tieren es gibt, desto besser natürlich.
Mens sana in corpore sano est
Die gesundheitlichen Vorteile von Gartenarbeit liegen wohl auf der Hand und dass sich körperliche Gesundheit auch positiv auf unsere Psyche auswirkt, dürfte auch kein Geheimnis mehr sein seit der Dichter Juvenal im alten Rom verkündete: Ein gesunder Geist lebt in einem gesunden Körper.
Welche Auswirkung die Gartenarbeit darüber hinaus auf unseren Geist hat, wird sich schwer bis gar nicht beweisen lassen. Es muss auch nicht bewiesen werden. Jeder, der sich schon intensiv der Gartenarbeit gewidmet hat, weiß um den positiven Effekt auf das eigene Wohlbefinden. Ich nenne diesen Prozess gerne Renaturierung.
Erden geht am besten mit Erde
In spirituellen Kontexten ist oft von „sich erden“ die Rede und es werden sogar Übungen diesbezüglich angeboten, man stelle sich beispielsweise vor, dass aus den eigenen Fußsohlen Wurzeln wachsen und diese eine feste Verbindung zur Erde schaffen.
Ich habe ehrlich gesagt früher nie verstanden, von was die Rede ist und was das soll. Wenn ich heutzutage im Garten arbeite ohne Handschuhe im direkten Kontakt mit der Erde, dann spüre ich diese Verbindung und es hat eine sehr entspannende Wirkung auf mich. Von Frühjahr bis Herbst bewege ich mich noch dazu barfuß so oft es geht.
Hat auch herkömmliche Gartenarbeit eine spirituelle Dimension?
Die oben aufgeführten gesundheitsfördernden Aspekte von Gartenarbeit gelten für jegliche Form der Gartenarbeit, das ist klar. In der Permakultur stehen die Pflanzen nicht in Reih´ und Glied Spalier, stattdessen herrscht ein reges Durcheinander. Zu sehen, dass nichts hingebogen werden muss und alles so wie es ist in Ordnung ist und zu beobachten, wie die Natur sich selbst hilft, ist meiner Ansicht nach sehr heilsam und gibt einem Vertrauen in das Leben und in sich selbst.
Wenn man viel Zeit in der Natur verbringt und Pflanzen und Tiere beobachtet, erkennt man recht schnell, wie falsch die großartigen Erkenntnisse Darwins interpretiert und vermutlich auch übersetzt wurden. Man sieht nämlich wie sich Pflanzen gegenseitig stützen und unterstützen, bei Tieren und überall in der Natur ist es genauso. Letztendlich unterstützen sich alle Lebewesen gegenseitig, auch Jäger und Beutetier, wenn man so will. Die Anwesenheit eines Raubtieres führt immer dazu, dass die Gattung des Beutetiers stärker und selektierter hervorgeht. Das ist ein wesentlicher Unterschied zum Überleben des Stärkeren, denn in einem gesunden Ökosystem überleben alle Gattungen, auch wenn einzelne Vertreter – vorwiegend die kranken – Beutetieren zum Opfer fallen, das ist Natur.
Auch wenn wir uns all dieser Dinge nicht bewusst werden in der Natur, so erhält unser Nervensystem unbewusst die Botschaften, dass in der Natur genug für alle da ist, sich alle Lebewesen gegenseitig unterstützen und alles so wie es ist vollkommen ist. Die Wirkung von wilder Natur im Wald im Vergleich zu gebändigter Natur in einem Park oder Garten ist sicherlich eine andere. Inzwischen können die positiven Auswirkung von Waldbaden auf das Immunsystem und das Wohlbefinden des Menschen wissenschaftlich erklärt werden z.B. durch Duftstoffe, die Bäume aussenden.
Was kann dein Garten über dich verraten?
Einerseits beeinflusst unser Garten unsere Psyche und andererseits entscheidet unser Bewusstsein und unser psychischer Zustand, wie unser Garten gestaltet ist. Für einige ist der Garten und dessen nachhaltige Gestaltung zugleich ein Herzensprojekt wie zum Beispiel bei den Blattwerkern. Manch einer wird nun unterschiedliche Geschmäcker oder praktische Gründe für die Gartengestaltung anführen. Letztendlich können all diese Faktoren auf psychische Komponenten zurückgeführt werden. Dabei geht es nicht darum zu sagen, dass jemand mit einem bestimmten Garten psychisch krank wäre oder in irgendeiner Weise nicht in Ordnung. Ein Mensch, der einen sterilen Steingarten mit akurat gekürztem englischen Rasen hat, ist sicherlich ein ordnungsliebender Mensch, der sehr viel Wert auf Ordnung und Hygiene legt. Vermutlich stecken hinter der Hygieneliebe Ängste vor Bakterien, Viren und Krankheiten. Ein gekürzter Rasen hat auch nicht nur praktische Gründe, oftmals stecken auch hier Ängste vor eventuellen Tieren im hohen Gras dahinter. Ängste haben wir alle, das ist ganz natürlich. Menschen, die ihr Umfeld ihren Ängsten anpassen, haben hingegen kaum bis gar kein Vertrauen ins Leben, sie sind getrennt von sich selbst und fühlen sich daher getrennt von der Natur wohler und sicherer und betreiben dann eher keinen eigenen Gemüseanbau.